AfD-Verbot zur jetzigen Zeit wäre ein Armutszeugnis für eine wehrhafte Demokratie
Die Ampel-Regierung scheint zu schwach, um sich für die
kommenden großen Wahlen thematisch und personell neu aufzustellen. Die CDU kann
davon zwar leicht profitieren aber bei weitem nicht so viel wie möglich wäre.
Das ist die Achillesferse der größten Oppositionspartei und offenbart das
Dilemma in der sich alle etablierten Parteien befinden. Es gibt keine einfachen
Lösungen und dennoch glauben vermeintliche Demokratiefreunde diese im Anstreben
eines Parteiverbots für die AfD gefunden zu haben. Mit dem erfolgreichen Verbot
wäre die AfD weg und die potenziellen Prozentpunkte könnten verteilt werden. Da
steckt sogar Wahrheit drin, denn auch die Nichtwähler werden nicht als
Gegenstimme gewertet, sondern dem tatsächlichen Wahlausgang zugeschlagen. So
lassen auch 50 Prozent Nichtwähler nicht die Hälfte der Parlamentsränge
verwaisen, sondern diese werden gewertet, als hätten sie den Wahlwillen der
anderen 50 Prozent Wahlgänger, genauso bestätigt. Daher also keine schlechte
Lösung aus Sicht der Regierungsparteien und der CDU. Danach ein "weiter so" und
die Politik muss auch nicht zwingend geändert werden. Doch in diesem Szenario
vergisst man die vielen unzufriedenen Wähler, die diesen Trick durchschauen und
wohl auch quotieren werden. Ich möchte nicht falsch verstanden werden, auch für
mich ist die AfD ein sehr kritisch zu sehendes Phänomen oder gar eine
beängstigende Entwicklung. Ich könnte mir sogar vorstellen, dass einzelnen klar
verfassungsfeindlichen Protagonisten in dieser Partei tatsächlich die
politische Wählbarkeit abgesprochen werden könnte oder sollte, wenn diese
nachweislich gegen die freiheitlich demokratische Verfassung verstoßen. Ihre
Partei aber, würde ich zum jetzigen Zeitpunkt den Kräften des politischen
Marktes überlassen, denn diese haben die Schwächen der etablierten Parteien
sowie die der AfD und der Linken bereits erkannt und auch schon mit prominenten
Neugründungen darauf reagiert.
Nicht nur Bundeskanzler Scholz und die derzeit agierenden Politiker, sondern
die gesamte interessierte Gesellschaft werden sich wundern, vor welcher
Zeitenwende wir in unserer Parteienlandschaft stehen. Manche Altparteien haben
wohlmöglich ein Stückweit ausgedient und zweitklassige Repräsentanten dieser
Parteien werden immer weniger vom Wähler geduldet. Die Chancen für neue
politische Angebote und motivierte, kompetente und unangepasste Politiker waren
nie größer als jetzt. Natürlich werden die bisherigen Amtsinhaber alles tun, um
ihre Macht zu sichern; das ist in Deutschland nicht anders als in anderen
Ländern, aber wenn die aufziehende Welle groß genug ist, dann werden auch diese
letztendlich von ihr überrollt.
Bündnis Sahra Wagenknecht, Freie Wähler auf Bundesebene und Werteunion haben
alle drei das Potenzial und die dafür notwendige Popularität, von Beginn an die
Fünf-Prozent-Hürde zu überspringen und sie werden nicht nur die Nichtwähler
mobilisieren, sondern auch einige der verdrossenen braven Urnengänger, die
jetzt Alternativen bekommen, die nicht durchweg mit dem erhobenen Zeigefinger
in eine radikale Ecke gedrückt werden können. Wenn die Popularität der neuen
Wahlkämpfer dieser Parteien groß genug ist, können die Medien zumindest nicht
schauen und müssen diese zu Wort kommen lassen. Die kommende Bundestagswahl
wird sicher die spannendste Wahl seit vielen Jahren und der politische Markt
wird sich selbst erneuern und bereinigen, solange die Menschen aufgeklärt sind
und der Wählerwille frei ist.